RBB Brandenburg
Das Wissenschaftsmagazin
Sendung vom 21.08.200


Hochspannung - Gewappnet gegen Blitz und Donner?


Mehr als eine Million Blitze zucken jährlich über Deutschland. Immer wieder ein beeindruckendes Naturschauspiel, das jedoch nicht ungefährlich ist. Wie die knisternde Hochspannung zwischen Himmel und Erde entsteht, ist im Detail noch ungeklärt. Physiker vermuten, dass Hagelkörner, Regentropfen und Eiskristalle in den Gewitterwolken zusammenstoßen. Dabei trennen sich die elektrischen Ladungen. Das aber ist die Voraussetzung für den Blitz.

Der bewegt sich in beide Richtungen. Zuerst stürzen aus der Gewitterwolke negativ geladene Teilchen und auch vom Boden aus bildet sich ein Blitzkanal. In einer Höhe von etwa 40 Metern verbinden sich die Kanäle aus ionisierter Luft wie elektrische Leitungen. Die Hauptentladung – der Blitz – schießt von der Erde in die Wolken. Dabei dehnt sich die Luft explosionsartig aus – Ursache für den gewaltigen Donner.

Seit über 200 Jahren werden Blitze mit verzinkten Eisenstangen, den Blitzableitern erfolgreich an Gebäuden vorbei gelenkt. Und eigens für den Aufenthalt im Freien entwickelt – ein spezielles Blitzschutzzelt.

In unserer hochtechnisierten Zeit drohen von Gewittern und Blitzen jedoch neue Gefahren. Bereits wenige Volt Überspannung können ausreichen, um hochempfindliche Elektronik lahm zu legen. Gefährdet sind unter anderem Kraftwerke, Flughäfen oder Chemiegiganten. Der Schaden in Deutschland: Pro Jahr über eine Milliarde Euro allein für zerstörte Bauteile. Als im Sommer 1992 ein schweres Gewitter über einem großen Flughafen tobte, legten Blitze den Tower lahm. Die Folge: Über 40 Flugzeuge irrten mehrere Minuten unkontrolliert durch die Luft.

An der Bundeswehr-Universität München arbeiten Forscher an Sicherheitssystemen, die solche Gefahren künftig ausschließen. Mehrere hintereinander angeordnete Schutzzonen sollen hier empfindliche Elektronik abschirmen. Sie wirken wie dieser Faradeysche Käfig aus dem Deutschen Museum in München. Bereits 1836 entdeckte der Physiker Michael Faradey, dass man in einer solchen Metallkonstruktion Blitze nicht zu fürchten braucht.

O-Ton Prof. Dr. Johannes Wiesinger
Universität der Bundeswehr München
"Für den Blitzschutz elektronischer Systeme und Anlagen reicht der normale Gebäude-Blitzschutz nicht aus. Man muss hier spezielle Konzepte entwickeln. Das gesamte elektronische System wird mit einem Schirmkäfig umgeben. Dazu wird das Gebäude entsprechend ausgebildet, indem man die Metallfassade, das Blechdach, die Armierungen in Eisen als Schirm ausbildet. Damit werden die elektromagnetisch gestrahlten Störungen des Blitzes abgefangen und ausreichend gedämpft"

Solche Kabel und elektrischen Zuleitungen aber, die nach außen führen, können dem Blitz den Weg auch in das beste Schutzsystem öffnen. Deshalb müssen sie mit sogenannten Störbegrenzern, die der Hochspannung den Weg versperren, gesichert sein.

Auch moderne Flugzeuge haben keinen perfekten Blitzschutz. Denn ihre Metallstruktur ist von zahlreichen gewichtssparenden Kunststoffteilen durchbrochen. So wurde im Jahr 1993 das Bugradar einer französischen Verkehrsmaschine vom Blitz zerstört. Obwohl solche Unfälle sehr selten sind, wird jedes Flugzeug – statistisch gesehen – einmal im Jahr vom Blitz getroffen. Die Münchner Forscher wollen nun mit elektrisch leitenden Streifen die gefährdeten Kunststoffteile, wie etwa diese Bugverkleidung gewittersicher machen.

Noch stärker gefährdet – die Rotoren von Windkraftwerken. Ihre aus Kunststoff bestehenden Propeller können beim Blitzeinschlag stark beschädigt werden. Auch hier erforschen die Münchner Wissenschaftler den Weg des Blitzschlages, dessen elektrische Kraft sie mit Kupferleitern in geordnete Bahnen lenken wollen. Im Laserlabor der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeiten Wissenschaftler an einem Laser, der Gewittern den Schrecken nehmen soll.

Japanische und amerikanische Forscher entwickeln ähnliche Projekte. Die Idee: Leistungsstarke Lichtkanonen sollen künstliche Blitzkanäle erzeugen, um damit eine Entladung der Gewitterwolken zu provozieren. So wird Gewittern rechtzeitig und kontrolliert die zerstörerische Kraft genommen werden. Sollten sich diese Zukunftsprojekte der Forscher erfüllen, werden Laserkanonen den Himmel über Kraftwerken, Flughäfen und Raumfahrtzentren überwachen und drohende Gewitter absaugen – bevor sie losbrechen können.