Laserstrahl statt Wetterfrosch
Berliner Wissenschaftler "befragen"
ein Lasergerät, um herauszufinden, wo und wann es regnen wird
GEO Magazin
08/03 - Laserstrahl statt Wetterfrosch
Eigentlich wollten Ludger Wöste vom Institut für Experimentelle
Physik der Freien Universität Berlin und seine Mitarbeiter neue Methoden
erarbeiten, um mithilfe von Laserstrahlen Daten über die Atmosphäre
zu gewinnen - zum Beispiel über deren Gehalt an Aerosolen. Dabei stießen
sie unversehens auf einen völlig unbekannten Effekt, den sie jetzt
für einen anderen wichtigen Zweck nutzen können - die Regenvorhersage.
Die Physiker hatten beobachtet, dass sich entlang eines Laserstrahls in
der Atmosphäre besondere Strukturen bilden, die sich perlschnurartig
aneinander reihen und ionisierte Luft enthalten.
Die so genannten "Filamente" resultieren aus dem optischen Kerr-Effekt, der
bewirkt, dass sich sehr intensives Licht in einem durchsichtigen Medium wie
Luft langsamer fortbewegt als weniger intensives. Aufgrund der Intensitätsverteilung
innerhalb des Laserstrahls wird das Laserlicht gebündelt wie bei einer
Sammellinse.
Im Fokus ist die Energiedichte hoch genug, dass die Luftmoleküle ionisiert
werden. Weil aber ionisierte Luft das Licht zerstreut, strebt der Laserstrahl
schließlich wieder auseinander, bis der Kerr-Effekt erneut einsetzt
- so entsteht eine taillierte Struktur. "Jedes Filament ist etwa 0,1 Millimeter
dick und mehrere Meter lang", sagt Wöste. "Wir haben Bündel
von Filamenten über Kilometer hinweg beobachten können."
An den ionisierten Luftteilchen lagern sich Wassermoleküle an, und die
Wissenschaftler fanden heraus, dass überall dort, wo der Laserstrahl
eine mit Wasserdampf übersättigte Luftschicht durchdringt, durch
Kondensation Tröpfchen entstehen. Und die lassen sich mithilfe eines
nachfolgenden Laserstrahls und eines Teleskops beobachten.
Je gesättigter die Luft an einer Stelle, desto mehr Tröpfchen bilden
sich dort. "Damit können wir die Übersättigung der Atmosphäre
und die aktive Tröpfchenbildung erstmals direkt messen", sagt Wöste.
Meteorologen seien an einer solchen Methode "hoch interessiert". Das
neue Verfahren könnte vor allem die kurzfristige lokale Regenvorhersage
verbessern.
Die verwendeten Hochleistungslaser senden Lichtimpulse von 60 Femtosekunden
Dauer (eine Femtosekunde ist der Millardste Teil einer Millionstel Sekunde)
in Stärken von einer Milliarde Kilowatt aus. Die Kosten dafür,
so die Forscher, seien zwar noch hoch, dennoch sei das Verfahren langfristig
viel versprechend. Denn auch zur aktiven Wetterbeeinflussung - etwa zur Abwendung
von Hagelschäden - sei die Methode einsetzbar. Derzeit versuchen "Regenmacher"
noch relativ wahllos, mithilfe von Silberjodidkristallen die Kondensation
und damit Niederschlag zu erzwingen. Nun könne man zuvor präzise
ermitteln, wo die Neigung zur Kondensation in der Luft besonders hoch ist
und die Substanzen gezielt einsetzen, so Wöste.
Auch zur kontrollierten Entladung von Blitzen eignet sich das Verfahren.
Denn jene folgen den von Laserpulsen erzeugten ionisierten, leitfähigen
Filamenten.