Wissen & Forschen
Physik

Berliner Forscher unter Hochspannung

Ein Laser kontrolliert Blitze

11/06/01
 
 

swm
 

Scheppern. Wieder nichts. Der Laser tickt nervös. Dann ein Blitz, ein Knall! "Dies war keine so schöne Entladung", sagt der junge Experimentator. Aber es bedarf wohl einiger Übung, nach dem grellen Licht und dem ohrenbetäubenden Lärm noch zu solch einem Urteil zu kommen.

In der Hochspannungshalle der Technischen Universität Berlin bändigen Forscher derzeit Blitze. Zwar künstliche Blitze, doch vielleicht dient diese Methode einmal dazu, Blitze kontrolliert zur Erde zu leiten, wenn sie Flughäfen oder Kernkraftwerke bedrohen. Das sei durchaus möglich, sagen die Techniker. Bisher testen sie nur.

Das tun sie seit einigen Wochen, seit der erste mobile, in Frankreich gebaute Hochleistungslaser bei ihnen eingetroffen ist. Dieser Laser bringt 1000mal mehr Leistung als ein Atomkraftwerk auf. Allerdings ist das ausgesandte Lichtsignal sehr kurz, so kurz, dass das Licht in dieser Zeit nur wenige Hundertstel Millimeter Wegstrecke zurücklegt. Diese kurzen Laserstrahlen zwingen die Blitze auf eine gerade Bahn.

Ein Generator erzeugt zwischen zwei Elektroden einen Hochspannungsstoß. Manchmal entlädt sich dann das System mit einem gleißenden Lichtstrahl und einem Knall. Die Luft trägt dabei die elektrische Ladung. Sie wird heiß und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. Das Team der TU-Berlin steuert und verstärkt diese Entladung mit dem Laser. Der intensive Laserstrahl schlägt Elektronen aus den Luftmolekülen heraus und schafft damit einen leitenden Verbindungskanal zwischen den etwa zwei Meter voneinander entfernten Elektroden. Nicht mehr wild und chaotisch folgt dann der Blitz dieser Linie wie auf Gleisen.

Doch Glück und Geschicklichkeit der Forscher gehören auch dazu. Sie müssen Laserstrahl und Hochspannungsstoß zeitlich synchronisieren. Dies ist keine leichte Aufgabe, denn wie trifft man mit einem so kurzen Laserstrahl den richtigen Zeitpunkt? Oder wie berücksichtigt man die Erhitzung? Da hilft nur probieren.

Oft scheppert es, und der ersehnte Knall bleibt aus. Dabei bleibt den Hochspannungstechnikern nur noch wenig Zeit, bevor sie den mobilen Laser an Atmosphärenforscher abgeben müssen. Danach müssen sie mühselig die Daten und Fotos auswerten. Knallen wird es dann vielleicht noch manchmal bei erhitzten Diskussionen.
 

Der Tagesspiegel, 11. Juni 2001