Die Welt

Laser warnt präzise vor starken Regengüssen

Wissenschaftler entwickeln ein Frühwarnsystem für Unwetter - Erstes Patent der Freien Universität Berlin

von Annette Krügel

Berlin -  Zieht das angekündigte Gewitter durch, ohne seine Wolkenlast zu entladen, oder prasselt es wie aus Kübeln hernieder? Diese für Hausbesitzer und Feuerwehren sehr wichtige Frage soll künftig eine neue Messmethode beantworten, die Physiker der Freien Universität (FU) Berlin und der Universität Lyon entwickelt haben. Die Professoren Ludger Wöste und Jean-Pierre Wolf nutzen dabei einen Laser, dessen Licht in der Atmosphäre Kondensationskeime erzeugen kann, die wiederum Rückschlüsse auf die Dampfsättigung der Luft ermöglichen. Ist nämlich die Luft mit Wasserdampf übersättigt, bilden sich an den Kondensationskeimen Tröpfchen. Und dies ermöglicht, lokale Regenvorhersagen kurzfristig zu treffen.

Die Laserpulse sind nur Billiardstelsekunden (Femtosekunden) lang, besitzen aber eine gigantische Leistung von mehreren Billionen Watt (Terawatt). Die Lichtintensität ist glockenförmig über den Querschnitt des Laserstrahls verteilt, das Licht also in der Mitte intensiver als am Rand. Dadurch erhöht sich der Brechungsindex der Luft in der Strahlmitte stärker als an den Rändern, so dass sich die Wirkung einer Sammellinse ergibt. Die Intensität des Laserstrahls verstärkt sich damit im Zentrum noch weiter, bis die Moleküle in der Luft ionisiert werden. Die sich damit verändernde Ladungsverteilung sorgt dann wieder für eine Abnahme des Brechungsindexes und damit für eine Defokussierung des Lichtstrahls. Damit ergibt sich ein Wechselspiel von Fokussierung und Defokussierung. Schließlich bildet sich ein stabiler Zustand, in dem dünne Fäden aus einem Gemisch von Elektronen und geladenen Atomen entstehen - so genannte Plasma-Filamente.

Diese wirken als Kondensationskeime. Die Tröpfchenbildung beobachten die Forscher dann mit einem zweiten Laserstrahl und messen so den Grad der Wasserübersättigung in der Luft. Damit werden Informationen über die voraussichtliche Regenmenge auf einem kleinen Gebiet von einigen Kilometern gewonnen.

"Der Vorteil dieser rein optischen Messung besteht darin, dass keine Materialien in die Atmosphäre gebracht werden müssen", erklärt Wöste, "außerdem kann der Luftraum dreidimensional erfasst werden." Nützlich könnten solche Daten etwa für die Hagelprävention sein, bei der Flugzeuge Silberiodid als Kondensationskeime in der Luft ausstreuen, um Wolken zum frühzeitigen Abregnen zu bringen. Der Erfolg dieser Methode hängt sehr empfindlich von der Genauigkeit der Bestimmung des Übersättigungsgrades der Luft ab, der bisher vom Boden aus nicht festgestellt werden konnte.

Die Entwicklung dieses Verfahrens brachte der FU ihr erstes Patent. Nicht, dass an der FU bisher keine patentierungswürdigen Erfindungen gemacht worden wären, doch bis zur Änderung des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbEG) im Februar 2001 war es Sache der Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten, ihre Erfindungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) einzureichen. Nun müssen alle Hochschulangestellten ihre Erfindungen bei der Universität anzeigen. Beschließt diese, die Erfindung in Anspruch zu nehmen, so gehen alle Rechte zur kommerziellen Nutzung, aber auch die Pflichten zur Anmeldung an die Universität über, wobei der Erfinder an den Einnahmen beteiligt wird.

Über die Möglichkeit, seine Erfindung über die Universität patentieren zu lassen, ist Wöste sehr erfreut: "Eine Patentanmeldung ist keine triviale Sache. Ich habe schon mehrfach Patente angemeldet, brauchte aber immer einen industriellen Partner für die Betreuung des Patentes und dessen Finanzierung." Es sei daher sehr gut, dass sich nun die Hochschule darum kümmere. So werde der Vorgang einfacher, schneller, und er behindere kaum mehr die angestrebte wissenschaftliche Publikation der Erfindung.

Artikel erschienen am 25. Jun 2003