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24.10.2001

Künstliche Sterne über Tautenburg

Spektakuläre Laser-Experimente an der Landessternwarte

Von Wolfgang Hirsch

Tautenburg.

 

(tlz) Das Teramobil, der derzeit stärkste transportierbare Laser der Welt, macht Station an der Landessternwarte Tautenburg bei Jena. Mit dem High-Tech-Gerät, das fünf Terawatt - also unvorstellbare fünf Milliarden Kilowatt - Leistung liefert, wollen deutsche und französische Physiker künstliche Sterne ans Firmament über Thüringen zaubern.

Die spektakulären Experimente unternehmen die Forscher jedoch nicht wegen des Show-Effekts, sondern sie wollen die Grundlagen für eine erhebliche Verbesserung erdgestützter Himmelsteleskope erforschen. Bei der Einstellung deren intelligenten, adaptiven Optiken soll ihr Laser künftig eine Schlüsselrolle spielen. Dann könnte etwa das von Europäern im chilenischen La Silla betriebene Observatorium ebenso so klare Bilder liefern wie das Weltraumteleskop "Hubble".

Enger als in einem U-Boot sind die Platzverhältnisse in dem Euro-Container, in den der Laser samt Equipment montiert ist. Ein paar Tage noch brauchen JéroÞme Kasparian von der Université de Lyon und sein Team, um das zwei Millionen Mark teure Gerät zu justieren, für den Abend des 7. November planen sie den ersten Versuch.

Dann schießt ein extrem kurzer, hochintensiver Lichtstrahl 80 bis 100 Kilometer senkrecht hoch in den Nachthimmel. "Mit bloßem Auge wird man ihn vermutlich unten vom Dorf aus sehen können", meint Projektleiter Kasparian. Entscheidend aber ist, was seine deutschen Kollegen von der Sternwarte nebenan per Teleskop empfangen.

Denn das Spektrum und die anderen physikalischen Eigenschaften des Laserstrahls kennen sie genau, und mit dem Teleskop messen sie, wie er sich auf dem Weg durch die Erdatmosphäre verändert. Vor allem unkalkulierbare Turbulenzen aus feinen Teilchennebeln stören das Laserlicht auf seinem Himmelsweg - genau so wie umgekehrt auch das Licht von fernen Sternen erst nach dem Eintritt in die Erdatmosphäre getrübt wird.

Der Teramobil-Laser könnte also als "Richtmaß" dienen, um mit den neuen, adaptiven Teleskop-Optiken atmosphärische Störungen herauszufiltern - und "Hubble" würde beinahe arbeitslos. "Wenn wir Erfolg haben, werden die großen Sternwarten sich auch mit solchen Lasern ausrüsten", meint Kasparian.

Das Teramobil haben Physiker aus Jena, Berlin, Lyon und Paris gemeinsam entwickelt und unternehmen damit seit April Aufsehen erregende Experimente. Möglicherweise ist es demnächst nicht nur für die Kalibrierung von Spezialteleskopen, sondern auch für umweltchemische Untersuchungen der Erdatmosphäre oder als mobiler Blitzableiter einsetzbar.

 

Künstliche Sterne zaubern die Physiker Jérôme Kasparian (Mitte), Miguel Rodriguez und Estelle Salmon an den Nachthimmel über Tautenburg. Das Aufsehen erregende Experiment mit einem High-Tech-Laser soll Himmelteleskope verbessern helfen. Foto: tlz/Peter Michaelis

Die Optik ihres Hochleistungs-Lasers justiren Estelle Salmon und Jérôme Kasparian ganz genau. Das einzige Problem: Im Teramobil ist es so eng wie in einem U-Boot. Foto: tlz/Peter Michaelis